
Die fortschreitende Versauerung der Ozeane, hervorgerufen durch den Klimawandel, hat weitreichende Folgen für die marine Fauna, insbesondere für Haie. Ein Forschungsteam unter der Leitung der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf (HHU) hat herausgefunden, dass die sinkenden pH-Werte des Meerwassers die Zähne dieser Raubfische erheblich schwächen und ihre Bisskraft gefährden können. Diese Erkenntnisse wurden in der Fachzeitschrift „Frontiers in Marine Science“ veröffentlicht und werfen ein neues Licht auf die Herausforderungen, vor denen Haie in einer sich verändernden Umwelt stehen.
Die Ursache für die Ozeanversauerung liegt in der erhöhten Menge an Kohlendioxid (CO2), die durch menschliche Aktivitäten in die Atmosphäre gelangt. Ein beträchtlicher Teil dieses CO2 wird von den Ozeanen absorbiert, was zu einer Absenkung des pH-Wertes des Wassers führt. Der gegenwärtige pH-Wert der Ozeane liegt bei etwa 8,1, doch Prognosen zufolge könnte dieser bis zum Jahr 2300 auf 7,3 sinken. Diese Veränderung hat nicht nur Auswirkungen auf die chemischen Prozesse im Wasser, sondern auch auf die biologischen Strukturen der dort lebenden Organismen, insbesondere auf die Zähne von Haien.
Haie besitzen die Fähigkeit, ihre Zähne zu regenerieren, was für ihre Jagdtechnik von entscheidender Bedeutung ist. Die Zähne sind hochgradig mineralisiert und bestehen hauptsächlich aus Phosphaten. Trotz dieser robusten Struktur sind sie jedoch anfällig für Korrosion durch saureres Wasser. Im Rahmen ihrer Studie haben die Forscher Haizähne von Schwarzspitzen-Riffhaien (Carcharhinus melanopterus) in zwei verschiedenen Wasserbedingungen getestet: einmal in Wasser mit dem aktuellen pH-Wert und einmal in einer simulierten Umgebung, die den prognostizierten Wert für 2300 widerspiegelt.
Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass die Zähne, die in dem sauren Wasser mit einem pH-Wert von 7,3 platziert wurden, deutlich stärker geschädigt waren als die in dem heutigen pH-Wert. Insbesondere traten Risse, Löcher und eine erhöhte Korrosion der Wurzeln auf, was die strukturelle Integrität der Zähne gefährdete. Diese Beobachtungen legen nahe, dass die Haizähne, die evolutionär als effektive Werkzeuge zum Zerschneiden von Beute entwickelt wurden, nicht für die Herausforderungen einer zunehmend sauren Umgebung ausgelegt sind.
Die Forscher, angeführt von Prof. Dr. Sebastian Fraune, betonen, dass diese Ergebnisse die Anfälligkeit selbst der schärfsten natürlichen Waffen verdeutlichen. Es besteht die Möglichkeit, dass die Fähigkeit der Haie, ihre Zähne nachwachsen zu lassen, nicht ausreicht, um mit den Belastungen durch die Ozeanversauerung klarzukommen. Dies könnte weitreichende Folgen für die gesamte Nahrungsnetzstruktur des Ozeans haben, da Haie eine Schlüsselrolle in ihrem Ökosystem spielen.
Die Untersuchung beschränkte sich auf abgeworfene Zähne, was bedeutet, dass die Ergebnisse nicht die möglichen Reparaturmechanismen lebender Haie berücksichtigen. Bei lebenden Tieren könnte die Situation komplexer sein, da sie möglicherweise in der Lage sind, beschädigte Zähne zu remineralisieren, jedoch mit einem erhöhten Energieaufwand. Diese Aspekte müssen in zukünftigen Studien berücksichtigt werden, um ein umfassenderes Bild der Auswirkungen der Ozeanversauerung auf Haie zu erhalten.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Forschungsergebnisse die dringende Notwendigkeit unterstreichen, den pH-Wert der Ozeane stabil zu halten, um die Gesundheit der marinen Ökosysteme und ihrer Bewohner zu sichern. Die Veränderungen, die durch den Klimawandel und die Ozeanversauerung hervorgerufen werden, haben nicht nur Auswirkungen auf die Haie selbst, sondern auch auf die gesamte marine Biodiversität und die Funktionalität der Ozeane. Daher ist es von entscheidender Bedeutung, Maßnahmen zur Reduzierung der CO2-Emissionen zu ergreifen und den Klimawandel aktiv zu bekämpfen, um die Lebensräume dieser faszinierenden Tiere zu schützen.