Die Herausforderungen der marinen Kohlenstoffsenke im Angesicht der globalen Erwärmung**

Die Herausforderungen der marinen Kohlenstoffsenke im Angesicht der globalen Erwärmung**

Die Weltmeere spielen eine entscheidende Rolle im Klimasystem der Erde, indem sie Kohlendioxid (CO2) aus der Atmosphäre absorbieren. Jüngste Untersuchungen eines internationalen Forschungsteams unter der Leitung der ETH Zürich haben jedoch alarmierende Entwicklungen aufgezeigt: Im Jahr 2023 war die Fähigkeit der Ozeane, CO2 aufzunehmen, signifikant geringer als erwartet. Diese Erkenntnisse sind besonders besorgniserregend, da die Ozeane bisher etwa ein Viertel der von Menschen verursachten CO2-Emissionen absorbieren und somit zur Stabilisierung des globalen Klimas beitragen. Ein Versagen dieser Senke könnte weitreichende Folgen für die Erderwärmung haben.

Die Forschung, geleitet von Jens Daniel Müller und Nicolas Gruber von der ETH Zürich, analysierte die Auswirkungen einer extremen marinen Hitzewelle auf die Kohlenstoffsenke. Die Oberflächentemperaturen der Ozeane stiegen 2023 dramatisch an, insbesondere im tropischen Pazifik, wo ein starkes El-Niño-Ereignis eine Umkehr der Meeresströmungen verursachte. Dieses Phänomen führte dazu, dass sich warmes Wasser an der Oberfläche sammelte und kaltes, nährstoffreiches Wasser nicht mehr hochsteigen konnte. Auch außerhalb der Tropen, wie im Nordatlantik, kam es zu außergewöhnlichen Temperaturanstiegen.

Die Studie, veröffentlicht im Fachmagazin Nature Climate Change, zeigt, dass die Ozeane im Jahr 2023 fast eine Milliarde Tonnen weniger CO2 aufnahmen als in den Vorjahren prognostiziert – dies entspricht etwa der Hälfte der gesamten CO2-Emissionen der Europäischen Union. Trotz dieser besorgniserregenden Zahl betonen die Forscher, dass der Rückgang geringer ausfiel als zunächst befürchtet.

Ein Grund für die reduzierte CO2-Absorption ist die Tatsache, dass wärmeres Wasser weniger CO2 lösen kann. Müller veranschaulicht dies mit einem alltäglichen Beispiel: Ein Glas kohlensäurehaltiges Wasser, das in der Sonne steht, verliert seine Bläschen, weil das CO2 aus dem Wasser entweicht. Ähnlich verhält es sich mit den Ozeanen. Die hohen Temperaturen in den nördlichen Meeren führten dazu, dass die Löslichkeit von CO2 abnahm, was in einem anormalen Ausgasen von CO2 resultierte.

Die Forschung zeigt jedoch, dass das Absinken der Kohlenstoffsenke nicht so gravierend war, wie es aufgrund der Temperaturentwicklung hätte sein können. Dies ist auf verschiedene physikalische und biologische Prozesse zurückzuführen, die der CO2-Ausgasung entgegenwirken. So konnten beispielsweise die stabilere Schichtung der Wassersäule und die biologischen Prozesse, die organisch gebundenen Kohlenstoff in die Tiefen des Meeres transportieren, die Senkenleistung aufrechterhalten. Die Mechanismen, die diesen Effekt erzeugen, sind komplex und beinhalten unter anderem die sogenannte biologische Pumpe: Fotosynthetische Organismen nehmen CO2 auf und sterben, wobei sie in die Tiefe sinken.

Ein weiteres wichtiges Element der Studie ist die Analyse des El-Niño-Effekts, der während des Jahres 2023 ebenfalls eine Rolle spielte. Normalerweise führt El Niño zu einer Abnahme der Zirkulation im tropischen Pazifik, was den Aufstieg von kaltem, CO2-reichem Wasser an die Oberfläche verhindert. In normalen Jahren würde dies die CO2-Emissionen aus dem tropischen Ostpazifik stark reduzieren. Allerdings war die Erwärmung der Ozeane in diesem Jahr so stark, dass sie die positiven Effekte des El Niño überdeckte, was zu einem Netto-Rückgang der Kohlenstoffsenke führte.

Die Forschungsergebnisse basieren auf einer umfangreichen Datensammlung, die CO2-Messungen von Forschungsschiffen, Frachtern und Bojen kombiniert mit Satellitendaten. Trotz der besorgniserregenden Entwicklung der Kohlenstoffsenke sind die Forscher vorsichtig optimistisch, dass die Ozeane weiterhin eine bedeutende Menge CO2 aufnehmen. Die langfristigen Auswirkungen der globalen Erwärmung und der damit verbundenen Hitzewellen auf die Kohlenstoffsenke bleiben jedoch ungewiss.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die marine Kohlenstoffsenke unter Druck steht, aber es gibt auch Mechanismen, die ihre Funktion unterstützen. Die Forschung wird weiterhin notwendig sein, um die zukünftige Kapazität dieser wichtigen Umweltressource zu verstehen und zu bewerten.