
In den vergangenen zwanzig Jahren hat die Anzahl der Neophyten, also gebietsfremder Pflanzenarten, in Österreich einen drastischen Anstieg erfahren. Laut einer aktualisierten Liste von über 1.600 Neophyten, die in der Fachzeitschrift Preslia veröffentlicht wurde, ist die Zahl der neu erfassten Arten um fast 50 Prozent gestiegen. Diese Liste, die ursprünglich im Jahr 2002 erstellt wurde, verzeichnet nun insgesamt 549 neue Arten, von denen 94 bereits erfolgreich in die heimische Flora integriert sind. Die Gründe für diesen signifikanten Anstieg sind vielfältig und reichen von den Auswirkungen des Klimawandels über den globalen Warenverkehr bis hin zu Veränderungen in der Landnutzung und im Gartenbau.
Die Globalisierung hat dazu geführt, dass viele Pflanzenarten, die ursprünglich nicht in Österreich beheimatet sind, in neue Regionen eingeführt wurden. Dies geschieht oft absichtlich, wie bei Zierpflanzen, aber auch unbeabsichtigt, beispielsweise durch verunreinigtes Saatgut. Einige dieser eingeführten Pflanzen, wie der Rundblättrige Baumwürger, der erstmals 2003 in Österreich nachgewiesen wurde, haben sich als invasiv erwiesen und verursachen mittlerweile erhebliche Schäden an heimischen Ökosystemen.
Die Auswirkungen dieser Zunahme sind gravierend. Viele Neophyten beeinflussen nicht nur die Biodiversität, sondern haben auch negative Folgen für die Landwirtschaft und die menschliche Gesundheit. Ein prominentes Beispiel ist das Ragweed, eine aus Nordamerika stammende Pflanze, deren Pollen bei vielen Menschen Allergien auslösen. Besonders im Spätsommer, wenn die Blütezeit ansteht, verlängert Ragweed die Heuschnupfensaison bis in den Herbst.
Franz Essl, ein Botaniker von der Universität Wien, äußerte sich überrascht über die Höhe des Anstiegs der Neophyten. Er und sein Team haben die Checkliste über einen längeren Zeitraum aktualisiert und festgestellt, dass die Einwanderung gebietsfremder Arten nach Österreich sich beschleunigt hat. Der neue Datensatz zeigt, dass fast die Hälfte der in Österreich vorkommenden Pflanzenarten jetzt als Neophyten klassifiziert wird.
Die Liste enthält sowohl absichtlich eingeführte Arten als auch solche, die unbeabsichtigt in das Land gelangen. Ein Beispiel für eine invasive Art ist die Erdmandel, die sich in den letzten zehn Jahren in der Südsteiermark zu einem hartnäckigen Unkraut in Mais- und Kürbisanbau entwickelt hat. Solche invasiven Pflanzen können sich schnell verbreiten und sind dann nur schwer zu bekämpfen, was oft mit hohem Aufwand verbunden ist.
Der Klimawandel spielt eine entscheidende Rolle bei der Ausbreitung dieser gebietsfremden Pflanzenarten. Die Temperaturen in Österreich sind in den letzten Jahrzehnten im Durchschnitt um 3,1 Grad gestiegen, was es wärmeliebenden Arten ermöglicht, sich in der Region dauerhaft anzusiedeln. Milderes Wetter, längere Vegetationsperioden und häufigere extreme Wetterereignisse kommen den Neophyten zugute. So ist es mittlerweile sogar möglich, dass Kakteenarten aus Mexiko in Österreich Fuß fassen.
Die Forschung zu den Auswirkungen und der Verbreitung von Neophyten ist von großer Bedeutung, nicht nur für die Wissenschaft, sondern auch für Naturschutz, Landwirtschaft und Politik. Frühzeitiges Handeln ist von entscheidender Bedeutung, um die Ausbreitung problematischer Arten zu verhindern. Es ist wichtig, dass Österreich die EU-Verordnung zu invasiven Arten effektiv umsetzt und schnell reagiert, wenn neue problematische Arten auftreten.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die aktuelle Entwicklung der Neophyten in Österreich alarmierend ist. Die Zunahme gebietsfremder Pflanzenarten hat weitreichende Folgen für die Ökosysteme und die Gesellschaft. Um schwerwiegende Schäden zu vermeiden, müssen Strategien entwickelt und umgesetzt werden, um diese Herausforderungen anzugehen.