
Die Wälder Europas sehen sich ernsthaften Bedrohungen gegenüber, insbesondere aufgrund der weit verbreiteten, einheitlichen Bewirtschaftung, die oft zu einem Rückgang der biologischen Vielfalt führt. Um diesem Problem entgegenzuwirken, hat ein internationales Forschungsteam unter der Leitung der Universitäten Göttingen und Jyväskylä in Finnland ein innovatives Waldbewirtschaftungskonzept namens „Triad“ untersucht. Ziel dieses Konzepts ist es, wirtschaftliche und ökologische Interessen in Einklang zu bringen, indem Waldflächen in verschiedene Zonen unterteilt werden. Diese Zonen haben unterschiedliche Funktionen: Einige sind für die Holzproduktion vorgesehen, während andere als Schutzgebiete dienen und weitere Zonen eine schonende Nutzung kombinieren.
Um die Auswirkungen dieser verschiedenen Bewirtschaftungsansätze auf die Biodiversität zu erforschen, entwickelte das Forschungsteam virtuelle Landschaften, die auf realen Daten basieren. Diese Daten wurden in Wäldern aus drei Kategorien gesammelt: intensiv bewirtschafteten, extensiv bewirtschafteten und ungenutzten Flächen. Die Studie, die in der renommierten Fachzeitschrift PNAS veröffentlicht wurde, analysierte die Auswirkungen unterschiedlicher Flächenanteile dieser drei Zonen auf die dort lebenden Organismen.
Insgesamt wurden an neun Standorten in Frankreich, Deutschland, Italien und Tschechien umfassende Daten zu verschiedenen Lebensgemeinschaften, darunter Vögel, Käfer, Pflanzen, Flechten und Pilze, gesammelt. Diese Arten wurden gemäß der Triad-Kategorisierung klassifiziert. Dr. Peter Schall, ein Forstwissenschaftler an der Universität Göttingen, erläutert, dass die Methode des Teams darin besteht, mithilfe von Computeranalysen virtuelle Landschaften zu erstellen, in denen die Forscher die Flächenanteile der verschiedenen Waldnutzungsarten variieren können. Dies ermöglicht eine umfassende Untersuchung der Auswirkungen der jeweiligen Kombinationen auf die Biodiversität.
Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass die größte biologische Vielfalt in Landschaften erreicht wird, die zu 60 Prozent aus ungenutzten Schutzgebieten und zu 40 Prozent aus intensiv bewirtschafteten Wäldern bestehen. Im Gegensatz dazu zeigen rein intensiv bewirtschaftete Flächen eine signifikant geringere Biodiversität, während extensiv bewirtschaftete Wälder kaum zur Förderung der Artenvielfalt beitragen. Trotz dieser Erkenntnisse ist es angesichts der steigenden Nachfrage nach Holz unrealistisch, in Europa 60 Prozent der Wälder ungenutzt zu lassen.
Das Forschungsteam schlägt daher einen pragmatischen Kompromiss vor. Dr. Rémi Duflot von der Universität Jyväskylä empfiehlt, den Anteil ungenutzter Wälder zu erhöhen und gleichzeitig die Heterogenität in den extensiv bewirtschafteten Flächen zu fördern. Dies könnte durch die Schaffung eines Mosaiks aus offenen und geschlossenen Waldflächen sowie den Erhalt alter Bäume und von Totholz geschehen. Diese Maßnahmen könnten dazu beitragen, die biologische Vielfalt der Wälder in Europa zu schützen, ohne die Holzproduktion vollständig einzuschränken.
Die Studie verdeutlicht, dass es durchaus möglich ist, einen Teil der Waldfläche für die Holzernte zu nutzen, während gleichzeitig die Biodiversität nicht beeinträchtigt wird. Dies ist besonders wichtig, um ein nachhaltiges Gleichgewicht zwischen den Bedürfnissen der Natur und den wirtschaftlichen Anforderungen zu finden. Die Erkenntnisse des Forschungsteams könnten weitreichende Impulse für zukünftige Waldmanagementstrategien in Europa geben.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Förderung von Vielfalt im Wald durch unterschiedliche Nutzungskonzepte nicht nur ökologisch sinnvoll, sondern auch wirtschaftlich tragbar ist. Die Studie wurde im Rahmen des EU-Förderprogramms Horizont 2020 unterstützt und ist ein Beispiel für die internationale Zusammenarbeit in der Umweltforschung.
Für weitere Informationen stehen Dr. Peter Schall und Dr. Rémi Duflot als Ansprechpartner bereit, um Fragen zu den Ergebnissen und den Implikationen ihrer Forschung zu beantworten.