Neue Erkenntnisse zu den Auswirkungen invasiver Arten auf Ökosysteme**

Neue Erkenntnisse zu den Auswirkungen invasiver Arten auf Ökosysteme**

Eine internationale Forschungsstudie unter der Leitung der Universität Bern hat tiefgreifende Einblicke in die Dynamik biologischer Invasionen und deren unterschiedliche Auswirkungen auf Ökosysteme gegeben. Diese Untersuchung zeigt, dass invasive Arten die heimische Flora und Fauna auf vielfältige Weise beeinflussen, wobei einige Veränderungen dauerhaft sind, während andere mit der Zeit abklingen. Diese Ergebnisse sind besonders relevant für die Entwicklung von Strategien zur Bekämpfung invasiver Arten und zum Schutz der Biodiversität.

Biologische Invasionen treten auf, wenn nicht einheimische Arten neue geografische Gebiete besiedeln, oft auf Kosten der einheimischen Pflanzen- und Tierwelt. Der Mensch spielt dabei eine zentrale Rolle, da er die Verbreitung dieser Arten durch verschiedene Aktivitäten beschleunigt. Daher ist es von entscheidender Bedeutung, die Auswirkungen solcher Invasionen auf die Ökosysteme genauer zu analysieren, um geeignete Maßnahmen zu entwickeln.

Die Studie, die in der angesehenen Fachzeitschrift „Science“ veröffentlicht wurde, wurde von einem Team aus Forschern der Universität Bern, der Universität Konstanz in Deutschland und der Northeast Forestry University in China durchgeführt. Professor Madhav P. Thakur, der Erstautor der Studie, erläutert: „Die Auswirkungen von biologischen Invasionen sind nicht einfach zufällige Ereignisse; sie zeigen einen zeitlichen Verlauf und verschiedene Muster.“ Die Forschung zeigt, dass einige Effekte, wie der Verlust der einheimischen Pflanzenvielfalt durch invasive Arten, mit der Zeit zunehmen, während andere, wie Veränderungen des Nährstoffgehalts im Boden, oft nach 6 bis 10 Jahren wieder abklingen.

Um ein umfassendes Bild zu erhalten, führte das Team eine globale Metaanalyse durch, die 2.223 Ergebnisse aus 775 Studien zu terrestrischen Ökosystemen berücksichtigte. Diese Analyse umfasste Pflanzen, Tiere, Mikroben sowie 15 verschiedene Ökosystemmerkmale. Die Forschung ergab, dass die Auswirkungen invasiver Arten von Faktoren wie der Aufenthaltsdauer der invasiven Arten, der Diversität der einheimischen und nicht einheimischen Arten, dem geografischen Breitengrad und den spezifischen Eigenschaften der Arten abhängen.

Ein zentrales Ergebnis der Studie ist der signifikante Rückgang der Vielfalt einheimischer Pflanzen durch invasive Pflanzenarten, der mit der Zeit verstärkt wird. Im Gegensatz dazu zeigen einige abiotische Auswirkungen, wie Veränderungen im organischen Kohlenstoffgehalt und Stickstoffgehalt des Bodens, eine Tendenz zur Minderung über einen längeren Zeitraum. Weiterhin wurde festgestellt, dass invasive Pflanzen und Tiere oft mit einer Erhöhung von Treibhausgasemissionen wie CO₂, N₂O und CH₄ in Verbindung stehen, was Hinweise auf die potenziellen klimatischen Auswirkungen invasiver Arten gibt.

Die Studie hinterfragt auch gängige Annahmen in der Ökologie. So konnte beispielsweise die Theorie der „biotischen Resistenz“, die besagt, dass eine hohe Diversität einheimischer Arten die Auswirkungen invasiver Arten mindert, nicht durchweg bestätigt werden. Zudem erwiesen sich bestimmte Merkmale invasiver Pflanzen, wie die Blattdicke, als unzuverlässige Indikatoren für die Auswirkungen auf das Ökosystem. Professor Thakur betont, dass die Aufenthaltsdauer einer invasiven Art oft entscheidender ist als klassische Prädiktoren wie der Breitengrad oder spezifische Eigenschaften von Arten.

Die Ergebnisse der Studie haben weitreichende Implikationen für den Naturschutz und die Umweltpolitik. Die Forscher empfehlen, frühzeitig Maßnahmen zu ergreifen, um invasive Arten zu verhindern oder zu bekämpfen, insbesondere wenn die einheimische Biodiversität gefährdet ist. Hingegen sollten bei abiotischen Veränderungen, die sich im Laufe der Zeit stabilisieren, adaptive Überwachungsstrategien und gezielte Interventionen priorisiert werden. Die Forscher fordern zudem längerfristige Studien, um die Auswirkungen invasiver Arten auf verschiedene Ökosysteme besser zu verstehen und die Wissenslücken, insbesondere in Bezug auf Tiere und Mikroben außerhalb des globalen Nordens, zu schließen.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Untersuchung ein neues Licht auf die komplexen und oft zeitlich bedingten Auswirkungen invasiver Arten wirft. Sie bildet eine wichtige Basis für zukünftige Forschungen und kann entscheidend dazu beitragen, Strategien zum Schutz der Biodiversität und zur Minderung der Auswirkungen des Klimawandels zu entwickeln.