Entdeckung der CAM-Photosynthese bei fleischfressenden Pflanzen: Ein neuer Blick auf die Anpassungs…

Entdeckung der CAM-Photosynthese bei fleischfressenden Pflanzen: Ein neuer Blick auf die Anpassungs…

Eine bahnbrechende Entdeckung in der Pflanzenforschung zeigt, dass fleischfressende Pflanzen der Gattung Pinguicula, auch bekannt als Fettkraut, einen ähnlichen, wassersparenden Photosynthese-Prozess wie viele Sukkulenten, darunter Kakteen, anwenden. Diese Erkenntnisse stammen von einem interdisziplinären Forscherteam der Staatlichen Naturwissenschaftlichen Sammlungen Bayerns (SNSB) und der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU). Die Ergebnisse wurden kürzlich in der Fachzeitschrift „Plant Biology“ veröffentlicht.

Fleischfressende Pflanzen sind meist in feuchten, nährstoffarmen Umgebungen wie Mooren oder Sümpfen anzutreffen. Eine Ausnahme bilden jedoch die Pinguicula-Arten, die sich insbesondere in den trockenen Bergregionen Mexikos heimisch fühlen. Über die Hälfte der 110 bekannten Arten dieser Gattung stammt aus dieser Region, wo die Pflanzen in extrem trockenen Felsböden gedeihen. Einige dieser Arten wachsen sogar in unmittelbarer Nachbarschaft zu anderen Wüstenpflanzen wie Kakteen und Agaven.

Das Besondere an Pinguicula ist, dass ihre Blätter mit speziellen Drüsen versehen sind, die einen klebrigen Fangschleim absondern, um Insekten zu fangen. Bisher war unklar, wie diese Pflanzen den Wassermangel in ihren trockenen Lebensräumen bewältigen konnten und gleichzeitig genügend Wasser für die Produktion des Fangschleims verfügten. Um diese Frage zu klären, führte das Forschungsteam unter der Leitung von Joris Fleck, im Rahmen seines Masterstudiums an der LMU, eine Reihe von Experimenten durch. Die Pflanzen wurden in Klimakammern kultiviert, die die Bedingungen während der Trockenzeit Mexikos simulieren.

Die Ergebnisse der Untersuchungen waren überraschend: Die Pinguicula-Arten scheinen ihren Stoffwechsel an die Trockenheit anzupassen, indem sie zur sogenannten CAM-Photosynthese (Crassulacean Acid Metabolism) übergehen. Diese Methode der Photosynthese ist bekannt dafür, dass die Spaltöffnungen der Blätter tagsüber geschlossen bleiben. Dadurch wird der Wasserverlust durch Verdunstung minimiert, obwohl kein CO2 für die Photosynthese aufgenommen werden kann. Stattdessen öffnen sich die Spaltöffnungen nachts, und die Pflanzen nehmen CO2 auf, das dann gespeichert wird. Am Tag greifen die Pflanzen auf diesen Kohlenstoffvorrat zurück.

Professor Gudrun Kadereit, die Leiterin der Studie und Direktorin der Botanischen Staatssammlung und des Botanischen Gartens in München, äußerte sich zu den Ergebnissen: „Wir hatten nicht mit einem solchen Ergebnis gerechnet. Die CAM-Photosynthese war uns bei fleischfressenden Pflanzen unbekannt, ebenso wie bei den Wasserschlauchgewächsen, zu denen die Fettkräuter zählen.“ Diese Entdeckung erweitert das Wissen über die evolutionären Anpassungen in Pflanzen und zeigt, dass die CAM-Photosynthese in 39 verschiedenen Pflanzenfamilien unabhängig voneinander entstanden ist.

Im Kontext des Klimawandels könnten die Pinguicula-Arten eine interessante Grundlage für zukünftige Forschungsarbeiten bieten. Diese Pflanzen haben sich im Laufe der Evolution von feuchtigkeitsliebenden Sumpfpflanzen zu Arten entwickelt, die mit Trockenheit besser umgehen können. Dr. Andreas Fleischmann, ein Experte für fleischfressende Pflanzen, betonte, dass CAM-Photosynthese bisher nur bei einigen mexikanischen Pinguicula-Arten nachgewiesen werden konnte. Europäische Arten, die etwa in den Alpen vorkommen, zeigten hingegen keine Anzeichen dieser spezialisierten Photosynthese.

Die Ergebnisse dieser Forschung unterstreichen die Bedeutung von botanischen Gärten und Lebenssammlungen für die wissenschaftliche Gemeinschaft. Die reichhaltige Sammlung an kultivierten fleischfressenden Pflanzen im Botanischen Garten München-Nymphenburg war entscheidend für den Erfolg dieser Studie.

Insgesamt eröffnet die Entdeckung der CAM-Photosynthese bei Pinguicula neue Perspektiven in der Pflanzenforschung und zeigt, wie anpassungsfähig die Natur ist. Weitere Studien könnten aufdecken, wie diese Mechanismen anderen Pflanzenarten helfen können, sich an sich verändernde Umweltbedingungen anzupassen.