Die Schilf-Glasflügelzikade, wissenschaftlich als Pentastiridius leporinus bekannt, hat in den letzten Jahren einen dramatischen Wandel durchlebt. Einst war sie ein Spezialist, der sich ausschließlich von Schilfgras ernährte. Inzwischen hat sie sich jedoch zu einem ernstzunehmenden Schädling entwickelt, der neben Schilf auch bedeutende Kulturpflanzen wie Zuckerrüben, Kartoffeln, Karotten und Zwiebeln befällt. Diese Entwicklung hat alarmierende Folgen für die Landwirtschaft, da die Zikade selbst zwar nur geringe Schäden an den Pflanzen verursacht, jedoch als Überträger schädlicher Bakterien fungiert. Diese Bakterien sind verantwortlich für Pflanzenkrankheiten, die zu erheblichen Ernteausfällen führen können.
In den Fokus der Forschung sind besonders zwei bakterielle Krankheitserreger geraten, die mit der Zikade assoziiert sind: Candidatus Arsenophonus phytopathogenicus, der für das Syndrom der niedrigen Zuckergehalte (SBR) verantwortlich ist, und Candidatus Phytoplasma solani, der das Stolbur-Syndrom hervorruft. Diese Erreger stellen eine ernsthafte Bedrohung für die Erträge in der Zuckerrüben- und Kartoffelproduktion dar.
Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für chemische Ökologie in Jena sowie des Fraunhofer-Instituts für Molekularbiologie und Angewandte Ökologie in Gießen haben nun untersucht, wie es zu dieser schnellen Ausbreitung der Schilf-Glasflügelzikade kommen konnte und welche Rolle die Mikrobenflora des Insekts dabei spielt. Bei ihrer Forschung setzten die Wissenschaftler modernste Sequenzierungsmethoden sowie Techniken der Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung ein, um die verschiedenen Bakterienarten, die die Zikade beherbergt, zu identifizieren und deren Verteilung im Insektenkörper zu untersuchen.
Die Ergebnisse zeigen, dass die Schilf-Glasflügelzikade mindestens sieben verschiedene Bakterienarten in sich trägt. Besonders hervorzuheben sind drei Symbionten, die für das Überleben der Zikade unerlässlich sind. Diese Bakterien sind in speziellen Organen lokalisiert und werden über die Eier von Generation zu Generation weitergegeben. Sie spielen eine entscheidende Rolle bei der Ernährung der Zikade, indem sie essentielle Aminosäuren und Vitamine produzieren, die für das Wachstum des Insekts notwendig sind.
Die beiden pathogenen Bakterien, die die Pflanzenkrankheiten verursachen, sind jedoch von größter Bedeutung für die Schadwirkung der Zikade. Sie können durch die Zikade auf die Wirtspflanzen übertragen werden und sind somit direkt für die Ernteverluste verantwortlich. Darüber hinaus wurden fünf weitere Bakterienarten in verschiedenen Organen der Zikade gefunden, die als Symbionten fungieren und zur Ernährung des Insekts beitragen. Unter diesen befinden sich die Gattungen Purcelliella, Karelsulcia und Vidania, die helfen, Ernährungsdefizite auszugleichen, indem sie essentielle Nährstoffe bereitstellen.
Die Rolle der Gattungen Rickettsia und Wolbachia bleibt noch unklar, jedoch zeigen die Ergebnisse, dass die Komplexität der Mikrobengemeinschaft der Zikade eine wichtige Erkenntnis für die Forschung darstellt. Insbesondere die Entdeckung von Rickettsia-Bakterien im Zellkern vieler Zellen der Zikade hat das Interesse der Wissenschaftler geweckt.
Die Anpassungsmechanismen der Schilf-Glasflügelzikade an die Abwehrmechanismen ihrer Wirtspflanzen sind noch nicht vollständig verstanden. Dennoch könnte die Interaktion zwischen den schädlichen Bakterien und den nützlichen Symbionten entscheidend für die Fähigkeit der Zikade sein, sich weiter auszubreiten.
Basierend auf diesen Erkenntnissen arbeiten die Forscher an der Entwicklung gezielter Bekämpfungsstrategien, die auf der Manipulation der bakteriellen Symbionten der Schilf-Glasflügelzikade basieren. Ein vielversprechender Ansatz besteht darin, die Produktion spezifischer Speichelproteine der Zikade durch RNA-Interferenz zu hemmen. Hierbei wird doppelsträngige RNA (dsRNA) gegen gezielte Gene injiziert, um die Schädlinge umweltfreundlich zu bekämpfen.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Schilf-Glasflügelzikade nicht nur ein einfaches Insekt ist


















































