Die kleinen Hüter des Nils: Sensible Reaktionen des Zooplanktons auf Wasserkraftprojekte**

Die kleinen Hüter des Nils: Sensible Reaktionen des Zooplanktons auf Wasserkraftprojekte**

Das Zooplankton, eine Gruppe winziger, im Wasser lebender Organismen, spielt eine entscheidende Rolle in den Nahrungsnetzen aquatischer Ökosysteme. Diese kleinen Kreaturen fungieren nicht nur als Nahrungsquelle für viele größere Tiere, sondern gelten auch als wichtige Indikatoren für den Gesundheitszustand eines Flussökosystems. Eine größere Vielfalt an Zooplanktonarten ist oft ein Zeichen für eine höhere Widerstandsfähigkeit eines Gewässers gegenüber Umweltveränderungen. Doch menschliche Eingriffe, wie der Bau von Staudämmen, hinterlassen auch in diesen mikroskopisch kleinen Gemeinschaften bedeutende Spuren, wie eine aktuelle Studie des Leibniz-Instituts für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) verdeutlicht.

Das IGB-Forschungsteam, unter der Leitung von Samah Makawi und Professor Michael Monaghan, hat das Zooplankton im Blauen und Weißen Nil in der Nähe von Khartum, Sudan, untersucht. Die Erhebungen erfolgten während zweier Zeiträume: von Dezember 2017 bis April 2018 sowie von Oktober 2019 bis März 2020. Diese Zeiträume fallen in die Bauphase des Grand Ethiopian Renaissance Dam (GERD), des größten Wasserkraftwerks in Afrika, das im September 2025 eröffnet wurde. Samah Makawi, die an der Universität Khartum lehrt, äußerte sich zu den Auswirkungen des Damms: „Obwohl dieser Damm einen bedeutenden Fortschritt in der Energieerzeugung für die Region darstellt, wird er voraussichtlich erhebliche negative Effekte auf das Flussökosystem haben.“

Die Studie ergab, dass der Blaue Nil eine signifikant höhere Vielfalt und zeitliche Variabilität in den Zooplankton-Gemeinschaften aufweist als der Weiße Nil. Letzterer beherbergt nur etwa die Hälfte der Arten, die im Blauen Nil vorkommen. Diese Unterschiede sind auf die ausgeprägteren natürlichen Schwankungen im Wasserfluss und Nährstoffangebot des Blauen Nils zurückzuführen. Im Gegensatz dazu haben Staudämme bereits seit mehreren Jahrzehnten die Wasser- und Nährstoffströme im Weißen Nil erheblich beeinflusst.

Die Auswirkungen von Staudämmen sind nicht auf große Tiere beschränkt; auch kleinste Organismen wie das Zooplankton sind betroffen. „Der Wasserstand des Nils unterliegt natürlichen Schwankungen, und die Lebensgemeinschaften haben sich an diese Veränderungen angepasst. Während oft größere Fische im Fokus der Diskussion über die Auswirkungen von Staudämmen stehen, werden die kleinsten Organismen, die für die Wasserqualität und die Nahrungsnetze von entscheidender Bedeutung sind, häufig übersehen“, erklärt Makawi. Ihre Forschung hat gezeigt, dass auch im Weißen Nil negative Effekte durch den Bau von Staudämmen nachweisbar sind. Ähnliche Auswirkungen werden nun auch im Blauen Nil aufgrund des GERD erwartet.

Um die Auswirkungen des Dammbaus auf das Zooplankton im Blauen Nil kontinuierlich zu überwachen, ist es notwendig, die Biodiversität des Ökosystems genau zu beobachten. Da viele Zooplanktonarten extrem klein sind und nur schwer im Wasser zu erfassen sind, stoßen herkömmliche Methoden zur Biodiversitätsüberwachung an ihre Grenzen. Die Studie hebt die Bedeutung moderner Methoden hervor, wie der Analyse von Umwelt-DNA (eDNA), die es den Forschenden ermöglicht, das Artenrepertoire viel umfassender und schneller zu bestimmen. Durch den Nachweis von genetischen Spuren im Wasser können Veränderungen im Flusssystem frühzeitig identifiziert werden.

Professor Monaghan, der die Studie leitete, betont: „Angesichts der fortlaufenden Veränderungen im Ökosystem ist eine verbesserte Überwachung der Biodiversität im Nil dringend erforderlich. Unsere Ergebnisse zeigen, dass eDNA-basierte Methoden wertvolle Informationen liefern können, auch wenn tropische Zooplanktonarten bislang nur unzureichend in DNA-Datenbanken vertreten sind. Dank der hohen Sensitivität, Kosteneffizienz und Zeitersparnis bietet das eDNA-Metabarcoding einen vielversprechenden Ansatz für ein Überwachungsprogramm zur Biodiversität, das im Nil im Sudan bislang fehlt.“

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Zooplankton als kleiner, aber bedeutender Indikator für die Gesundheit des Nil-Ökosystems fungiert. Angesichts der Herausforderungen, die durch menschliche Eingriffe entstehen, ist es wichtig, diese sensiblen Gemeinschaften zu beobachten und zu schützen, um die ökologische Integrität des Nils zu bewahren.