Ein Team von Biologen der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf (HHU), unterstützt von Forschern aus Bochum und Paris, hat einen bedeutsamen Fortschritt in der Erforschung des Sozialverhaltens von Bienen erzielt. In ihrer aktuellen Studie, veröffentlicht in der renommierten Fachzeitschrift Nature Communications, zeigen sie, dass das Bettelverhalten von Drohnen, den männlichen Bienen, genetisch festgelegt ist. Diese Erkenntnis könnte das Verständnis von sozialen Interaktionen unter Tieren erheblich erweitern.
Drohnen stehen vor einer besonderen Herausforderung, wenn es darum geht, ihre Nahrungsaufnahme zu sichern. Sie sind nicht in der Lage, Pollen, die Hauptnahrungsquelle der Bienen, selbst zu verdauen. Daher sind sie auf die Hilfe der Arbeiterinnen angewiesen, die eine vorverarbeitete Nahrungsmasse aus Pollen herstellen. Um an diese lebenswichtige Nahrung zu gelangen, müssen die Drohnen ein komplexes Verhaltensmuster zeigen, das die Arbeiterinnen überzeugt, ihnen Futter zu geben. Prof. Dr. Martin Beye, Leiter des Instituts für Evolutionsgenetik an der HHU, erklärt: „Das kooperative Verhalten, das für diesen Futteraustausch erforderlich ist, erfordert eine genaue Abstimmung zwischen den beteiligten Bienen.“
Das Forschungsteam unter der Leitung von Prof. Beye hat die genetischen und neuronalen Mechanismen untersucht, die diesem Verhalten zugrunde liegen. Dabei konzentrierten sie sich auf regulatorische Faktoren, die während der Entwicklung das Gehirn der männlichen Bienen so prägen, dass sie social fähig werden – insbesondere in Bezug auf den Austausch von Futter. Die Wissenschaftler identifizierten einen spezifischen Transkriptionsfaktor, das sogenannte „Fruitless“-Protein (kurz „Fru“), der nur in männlichen Bienen aktiv ist und entscheidend für die Ausführung von Bettelverhalten ist.
Transkriptionsfaktoren sind Proteine, die in der Lage sind, die Aktivität anderer Gene im Genom zu regulieren. In ihrer Studie nutzten die Forscher fortschrittliche genetische Methoden, um eine Sequenz des grün fluoreszierenden Proteins in das Fru-Gen einzuführen. Dies ermöglichte es ihnen, die Zellen zu markieren, in denen der Transkriptionsfaktor aktiv war. Dr. Sven Köhnen, der Erstautor der Studie, berichtet: „Wir konnten zeigen, dass Fru im Nervensystem der Drohnen aktiv ist, insbesondere in Neuronen, die für die Verarbeitung sensorischer Informationen und Entscheidungsfindung zuständig sind. Daraus schließen wir, dass Fru das angeborene Verhalten der Männchen steuert.“
Insgesamt bezieht sich die Wirkung von Fru auf ein neuronales Netzwerk von etwa 1.800 Neuronen, das eng mit dem kooperativen Verhalten der Drohnen verknüpft ist. Um die Rolle von Fru weiter zu untersuchen, entwickelten die Forscher Knock-out-Mutanten, bei denen der Transkriptionsfaktor deaktiviert wurde. Diese mutierten Drohnen wurden mit QR-Codes versehen und ihr Verhalten wurde mithilfe eines automatisierten Kamerasystems, das in Düsseldorf entwickelt wurde, beobachtet. Die Ergebnisse waren aufschlussreich: Die Entscheidungsfindung der Drohnen war beeinträchtigt, sie konnten sich nicht korrekt den Arbeiterinnen nähern, zeigten kaum Bettelverhalten und erhielten dementsprechend weniger Futter.
Pia Ulbricht, eine der Co-Autorinnen und Doktorandin, fügt hinzu, dass andere charakteristische Verhaltensweisen der Drohnen von der Deaktivierung des Fru-Gens nicht beeinflusst wurden. Lediglich im Kontext der Nahrungsaufnahme waren die Knock-out-Mutanten auffällig. Interessanterweise wiesen die mutierten Drohnen kein verändertes Geruchsprofil auf, was für die Interaktion zwischen den Bienen von Bedeutung ist. Die Analyse des olfaktorischen Zentrums, in dem Gerüche verarbeitet werden, ergab ebenfalls keine Auffälligkeiten.
Prof. Beye resümiert: „Diese Studie verdeutlicht, dass das kooperative Verhalten der Drohnen durch ein genetisches Programm bestimmt wird, das sich im Laufe der Evolution entwickelt hat. Dieses Programm legt fest, wie neuronale Kontrollen arbeiten, um zu bestimmen, ob und wie lange bestimmte Verhaltenssequenzen aufgrund sensorischer Informationen durchgeführt werden. Solche Mechanismen sind entscheidend für die Anpassungsfähigkeit der Tiere an ihre sozialen Partner.“
Die Ergebnisse dieser Forschung tragen nicht nur zum Verständnis des Sozialverhaltens von Bienen bei, sondern könnten auch weitreichende Implikationen für die Erforschung sozialer
