
In einem bedeutenden Schritt zur Verbesserung der Bekämpfung der Stechmücke Aedes aegypti hat der Geoinformatiker Dr. Steffen Knoblauch von der Universität Heidelberg eine hochauflösende Umwelteignungskarte für Rio de Janeiro erstellt. Diese Karte nutzt moderne raumbezogene Big-Data-Techniken, um potenzielle Lebensräume der Mücke zu identifizieren und somit gezielte Maßnahmen zur Bekämpfung dieser gefährlichen Insekten zu unterstützen. Aedes aegypti ist bekannt dafür, verschiedene gefährliche Krankheiten wie Dengue-Fieber, Zika, Chikungunya und Gelbfieber zu übertragen, was die Dringlichkeit effizienter Bekämpfungsstrategien unterstreicht.
Die Lebensbedingungen für die Aedes aegypti, auch als Ägyptische Tigermücke bekannt, sind besonders günstig in städtischen Gebieten, wo sich stehendes Wasser in künstlichen Behältern, wie Wassertanks, alten Reifen oder Regenwasserabflüssen ansammelt. Angesichts der global zunehmenden Urbanisierung erweitern sich die Lebensräume dieser Mücken, was die Herausforderungen bei der Kontrolle ihrer Populationen verstärkt. Dr. Knoblauch hebt hervor, dass die Verfügbarkeit von Impfstoffen gegen die von der Mücke übertragenen Krankheiten – abgesehen von Gelbfieber – begrenzt ist, wodurch die Kontrolle der Vektoren, also der Überträger, die effektivste Methode bleibt.
Ein zentrales Element des Projekts war die Nutzung frei verfügbarer Geodaten, einschließlich Satelliten- und Street-View-Bildern sowie Klimadaten. Durch den Einsatz dieser Daten konnten Dr. Knoblauch und sein Team die räumlichen Variationen der Mückenpopulationen in Rio de Janeiro besser modellieren. Während herkömmliche entomologische Überwachungsmethoden oft nur stichprobenartige Daten liefern, ermöglichten die neuen Ansätze eine umfassendere Analyse. Tatsächlich konnten mit den gesammelten Geodaten bis zu 75 Prozent der räumlichen Unterschiede in den Mückenpopulationen erfasst werden.
Im Rahmen seiner Forschung entwickelte Dr. Knoblauch 79 Umwelteignungsindikatoren für Aedes aegypti, die verschiedene Faktoren berücksichtigten. Dazu gehörten neben der Dichte möglicher Brutstätten auch stadtmorphologische Merkmale und klimatische Variablen wie Regenwasserspeicherung und städtische Wärmeinseln. Um die Mückenpopulationen in Bezug auf Raum und Zeit unter Berücksichtigung von Unsicherheiten zu schätzen, kam ein Bayes’sches Modell zum Einsatz. Dies führte zur Erstellung der ersten zusammenhängenden Umwelteignungskarte für Aedes aegypti auf Habitatebene, die Entscheidungsträgern wichtige Informationen für gezielte Interventionen bietet.
Die Ergebnisse dieses Projekts sind nicht nur für Rio de Janeiro von Bedeutung, sondern können auch auf andere städtische Gebiete mit ähnlichen Umweltbedingungen übertragen werden. Dr. Knoblauch erläutert, dass durch die Kombination von Geodaten und entomologischen Überwachungsdaten genauere Vorhersagen darüber getroffen werden können, wo die Mückenpopulationen wahrscheinlich zunehmen werden. Dies könnte letztlich die Effizienz der Vektorkontrolle erheblich steigern und helfen, die Public-Health-Situation in betroffenen Regionen zu verbessern.
An dem Projekt waren mehrere Forschungsgruppen der Universität Heidelberg und des Universitätsklinikums beteiligt, darunter Experten aus verschiedenen Disziplinen. Darüber hinaus arbeiteten Wissenschaftler aus Brasilien, Großbritannien, Österreich, der Schweiz, Singapur, Thailand und den USA mit, was die internationale Zusammenarbeit in der Forschung unterstreicht. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft und der Österreichische Wissenschaftsfonds unterstützten das Vorhaben finanziell.
Die Ergebnisse dieser innovativen Studie wurden in der renommierten Fachzeitschrift „The Lancet Planetary Health“ veröffentlicht und bieten einen wertvollen Beitrag zur Bekämpfung von Stechmücken in urbanen Räumen. Insgesamt zeigt diese Forschung, wie moderne Technologien und Datenanalysen zur Lösung drängender globaler Gesundheitsprobleme beitragen können und gleichzeitig die Notwendigkeit betonen, innovative Ansätze zur Bekämpfung von Krankheiten, die durch Vektoren übertragen werden, zu entwickeln.