
Die globale Nachfrage nach Ammoniak, einem essenziellen Bestandteil von Stickstoffdünger, wächst stetig. Dieser Dünger spielt eine zentrale Rolle in der modernen Landwirtschaft, da er das Wachstum von Pflanzen wie Getreide, Rüben und Kartoffeln fördert. Die herkömmliche Methode zur Ammoniakproduktion, das Haber-Bosch-Verfahren, hat sich seit seiner Entwicklung Anfang des 20. Jahrhunderts als äußerst effektiv erwiesen. Sie ermöglicht es, Stickstoff aus der Luft zu gewinnen und diesen mit Wasserstoff zu Ammoniak zu verbinden. Allerdings ist dieser Prozess energieintensiv und erfordert große Mengen an fossilen Brennstoffen, was zu erheblichen Treibhausgasemissionen führt.
Ein Forschungsteam um Professor Nikolay Kornienko von der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn hat nun eine vielversprechende, klimafreundlichere Alternative entwickelt. Diese Methode ermöglicht die Gewinnung von Ammoniak aus erneuerbaren Energiequellen, was einen entscheidenden Schritt in Richtung nachhaltiger Landwirtschaft darstellt. Die Ergebnisse der Studie wurden im Journal „Nature Communications“ veröffentlicht.
Das Haber-Bosch-Verfahren hat im Jahr 1918 für Fritz Haber und Carl Bosch den Nobelpreis für Chemie eingebracht. Es funktioniert, indem Stickstoff aus der Luft bei hohen Temperaturen und Druck mit Wasserstoff kombiniert wird. Diese Methode ist jedoch extrem energieaufwendig und trägt zur Erderwärmung bei, da sie hauptsächlich auf fossilen Brennstoffen basiert. Im Gegensatz dazu nutzen einige Pflanzen die Fähigkeit, Stickstoff aus der Luft mithilfe von Bakterien im Wurzelbereich zu binden, was einen klimaneutralen Prozess darstellt.
Professor Kornienko betont die Dringlichkeit, alternative Verfahren zur Ammoniaksynthese zu erforschen, um die Klimaziele zu erreichen. Eine der vielversprechendsten Methoden ist die Lithium-vermittelte Stickstoffreduktionsreaktion (LiNRR). Bei dieser Methode werden Lithium-Ionen elektrochemisch reduziert, um eine Lithium-Metallschicht zu bilden, die dann mit Stickstoffgas reagiert, um eine Lithium-Stickstoff-Verbindung zu erzeugen. Diese Verbindung kann anschließend in Ammoniak und Lithium-Ionen umgewandelt werden.
Trotz der theoretischen Grundlagen sind praktische Herausforderungen zu bewältigen. Der Prozess erfordert eine hohe Spannung, was den energetischen Wirkungsgrad auf etwa 25 Prozent begrenzt. Zudem muss das System in einer kontrollierten Umgebung ohne Luft und Wasser arbeiten, da das Lithiummetall sehr reaktiv ist. Eine weitere Hürde besteht darin, dass sich wie bei Batterien eine poröse Grenzschicht bildet, die den Transport von Reaktanten behindern kann.
Im idealen Fall sollte der benötigte Wasserstoff direkt aus Wasser durch Elektrolyse gewonnen werden. Aktuell werden jedoch häufig Alkohole als Wasserstoffquelle genutzt, was das System unpraktisch macht. Neueste Entwicklungen des Forschungsteams haben es jedoch ermöglicht, Wasserstoff direkt aus Wasser zu gewinnen und diesen in den chemischen Prozess zu integrieren. Hierzu wurde eine Palladiumfolie als Elektrode eingesetzt, die zugleich als Membran fungiert. Diese Folie lässt Wasserstoffatome durch und trennt die Reaktionsumgebung von der wasserfreien Umgebung, in der die Reaktionen ablaufen.
Die Forscher demonstrierten die Funktionalität ihres Verfahrens mithilfe von Infrarotspektroskopie und Massenspektrometrie, indem sie schweres Wasserstoffisotop (Deuterium) verwendeten und so Ammoniak erzeugten. Die Ergebnisse waren vielversprechend und zeigen das Potenzial der neuen Methode auf.
Professor Kornienko und sein Team haben bereits ein Patent für ihre innovative Technologie angemeldet. Während die Experimente erfolgreich waren, steht das Team noch am Anfang. Um eine wirtschaftliche Produktion von Ammoniak aus erneuerbaren Energien zu erreichen, muss die Effizienz des Systems erheblich gesteigert werden. Die Forscher sind optimistisch, dass mit weiterer Forschung an den Reaktionsgeschwindigkeiten und der Selektivität des Prozesses bedeutende Fortschritte erzielt werden können.
Das Projekt wurde von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert und zeigt, wie wichtig die Entwicklung nachhaltiger Verfahren in der Chemie ist, um den Herausforderungen des Klimawandels zu begegnen und die Landwirtschaft umweltfreundlicher zu gestalten.