** Bedrohung der Biodiversität: Ausbreitung der Namib-Wüste gefährdet einzigartige Lebensräume

** Bedrohung der Biodiversität: Ausbreitung der Namib-Wüste gefährdet einzigartige Lebensräume

Ein internationales Forschungsteam unter der Leitung der Universität Hamburg hat in einer umfassenden Langzeitstudie eine bemerkenswerte Wüstenausbreitung im südlichen Afrika dokumentiert, die in ihrer Intensität beispiellos ist. Diese Entwicklung stellt eine ernsthafte Bedrohung für das Richtersveld dar, ein wichtiges Zentrum der Biodiversität in Südafrika, das eine Vielzahl endemischer Pflanzenarten beherbergt. Die Ergebnisse der Studie wurden im Fachjournal „Journal of Arid Environments“ veröffentlicht.

Die Landschaft des Richtersveld erinnert an die verheerenden Auswirkungen des „Dust Bowl“ in den USA der 1930er-Jahre, als fruchtbare Weideflächen unter Sand begraben wurden und Farmhäuser dem wütenden Sandsturm zum Opfer fielen. In der Region wird ein dramatischer Rückgang der Vegetation und der Artenvielfalt beobachtet. Ein Botaniker und ein Bodenkundler der Universität Hamburg, unterstützt von Kollegen aus Südafrika und Namibia, haben über einen Zeitraum von bis zu 45 Jahren Daten gesammelt und analysiert, um die Veränderungen in diesem Gebiet zu dokumentieren, das etwa die Hälfte der Größe von Hessen umfasst.

Die Wissenschaftler haben die Artenzusammensetzung und -vielfalt auf festgelegten Überwachungsflächen regelmäßig erfasst und Zeitreihen von Satellitenbildern ausgewertet. In diesem Jahr wurden auch historische Fotos aus dem Jahr 1914 nachgestellt, um die Veränderungen zu verdeutlichen. Zunächst schien die Vegetation in der Region resilient gegenüber Schwankungen zu sein. Doch die Forschenden stellten fest, dass der Rückgang der Pflanzenwelt bereits vor Jahrzehnten einsetzte und auch nach einer langanhaltenden Dürreperiode von 2012 bis 2022 fortschreitet. Professor Dr. Norbert Jürgens, der seit 1980 in der Region forscht, erklärt: „Die schleichende Verarmung der Pflanzenwelt ist alarmierend und zeigt, dass wir uns in einer kritischen Phase befinden.“

Die Untersuchungen ergaben, dass der Verlust der Artenvielfalt einem bestimmten Muster folgt. Zunächst verschwinden die ökologisch bedeutendsten Pflanzenarten, insbesondere langlebige, wasserspeichernde Zwergsträucher, die den Boden stabilisieren und vor Erosion schützen. Diese werden durch salzliebende Pflanzen ersetzt, die nicht in der Lage sind, den Boden zu schützen. Damit wird der fruchtbare Boden zunehmend durch Wind abgetragen, was zu vegetationsfreien Sandflächen führt. Diese Flächen sind selbst nach Regenfällen kaum besiedelbar. So wird der Zustand des Bodens zu einem entscheidenden Faktor für den Rückgang der Biodiversität.

Von den geschätzten 1000 endemischen Pflanzenarten, die im Richtersveld vorkommen, gelten mehr als 400 als bedroht. Diese Zahl verdeutlicht die Einzigartigkeit dieses Ökosystems im Vergleich zu Deutschland, wo weniger als 100 endemische Pflanzenarten bekannt sind. Die Ursachen für die Wüstenausbreitung sind vielfältig. Der Klimawandel trägt durch steigende Temperaturen, stärkere Winde und längere Dürreperioden zur Schädigung der Pflanzenwelt bei. Zudem sind auch menschliche Aktivitäten, insbesondere der Abbau von Diamanten durch Minengesellschaften, verantwortlich. Diese hinterlassen oft ungenutzte Tagebaustellen, aus denen große Mengen Sand aufgewirbelt werden. Der Wind transportiert diesen Sand und schädigt die Vegetation.

Zusätzlich trägt die Überweidung durch Nutztiere wie Ziegen, Schafe und Rinder zur Erosion des Bodens bei. Professor Jürgens betont, dass die Kombination von Dürre, Überweidung und häufigen starken Winden in diesem empfindlichen Ökosystem bereits zu irreversiblen Veränderungen geführt hat. Besonders im nördlichen Teil des Richtersveld sind sukkulente Sträucher durch spärliche Wüstengräser ersetzt worden, während im Süden und Westen mehr als 400 Quadratkilometer unter Sand begraben sind, was einem Gebiet von der Größe der Insel Sylt entspricht.

Um der Wüstenbildung entgegenzuwirken, schlagen die Wissenschaftler eine Reihe von Maßnahmen vor. Dazu gehören strenge Kontrollen der Minenaktivitäten und eine Regulierung der Beweidung. Besonders schützenswerte Gebiete sollten unter Naturschutz gestellt werden, um sie vor menschlicher Nutzung und Eingriffen zu bewahren. Diese Maßnahmen sollten auch für geplante Projekte zur Erzeugung erneuerbarer Energien gelten, da diese je nach Ausführung sowohl zur Zerstörung als auch zur Renaturierung beitragen können. Die Wissenschaftler fordern ein Umdenken im Umgang mit dieser einzigartigen Region, um