Evolutionäre Strategien: Wie Nadelbäume sich gegen Borkenkäfer verteidigen**

Evolutionäre Strategien: Wie Nadelbäume sich gegen Borkenkäfer verteidigen**

Nadelbäume, darunter Kiefern, Fichten und Tannen, haben bemerkenswerte Mechanismen entwickelt, um sich gegen Schädlinge wie Borkenkäfer und andere Krankheitserreger zu schützen. Eine zentrale Rolle in dieser Abwehrstrategie spielt das Harz, das reich an Diterpenen ist – chemischen Verbindungen, die eine schützende Wirkung gegen verschiedene Schädlinge entfalten. Neueste Forschungen am Max-Planck-Institut für chemische Ökologie und der Iowa State University haben ergeben, dass einige dieser Diterpene bereits vor über 300 Millionen Jahren entstanden sind, lange bevor die heutigen Nadelbäume sich entwickelten. Andere Diterpene hingegen sind erst später unabhängig in verschiedenen Baumarten entstanden, offenbar als Antwort auf die Bedrohung durch Borkenkäfer.

Die Wissenschaftler untersuchten den Ursprung und die Evolution der Diterpensynthasen, Enzyme, die für die Produktion dieser Abwehrstoffe verantwortlich sind. Diese Enzyme sind besonders interessant, da schon kleine Veränderungen in ihrer Struktur zu unterschiedlichen chemischen Produkten führen können. Die Forscher wollten herausfinden, ob diese Enzyme in der Vergangenheit einmal entstanden sind oder ob sie sich in jüngerer Zeit mehrfach unabhängig voneinander in verschiedenen Nadelbaumarten entwickelt haben.

Um das Entwicklungsgeschichte dieser Enzyme zu entschlüsseln, rekonstruierten die Wissenschaftler durch genetische Analysen die Vorfahren der Diterpensynthasen. Dabei erwiesen sich die rekonstruierten Enzyme als nützlich, um zu verstehen, wie ihre Produkte sich veränderten, wenn gezielte Modifikationen vorgenommen wurden. Die Forscher führten Experimente durch, indem sie die genetischen Codes der Enzyme in Bakterien einbrachten, die diese dann produzierten. Anschließend konnten sie die chemischen Produkte, die aus diesen Enzymen resultierten, mit modernen Analysemethoden untersuchen.

Ein wichtiges Ergebnis dieser Forschung ist, dass einige Diterpene im Harz heutiger Nadelbäume bereits vor 300 Millionen Jahren existierten, während andere erst in späteren Evolutionsphasen entstanden sind. Diese Erkenntnis wirft die Frage auf, warum sich bestimmte Verbindungen erst so spät entwickelten. Hierbei spielt ein genetischer Mechanismus namens Epistase eine bedeutende Rolle. Dieser Mechanismus besagt, dass neue Eigenschaften häufig nur dann entstehen können, wenn zuvor andere genetische Veränderungen stattgefunden haben. Der evolutionäre Prozess der Nadelbäume zeigt, dass das Potenzial zur Entwicklung bestimmter chemischer Verbindungen über Millionen von Jahren langsam anstieg, bevor es sprunghaft anstieg, als sich Nadelbäume von anderen Pflanzenarten abspalteten.

Das heutige Harz der Nadelbäume ist demnach eine Mischung aus alten und jüngeren Diterpenen. Die jüngeren Diterpene könnten in einer Zeit entstanden sein, als die Borkenkäfer bereits existierten, was durch fossile Funde unterstützt wird. Interessanterweise entwickelten Kiefern, Fichten und Tannen anscheinend unabhängig voneinander ähnliche Diterpene als Abwehrmechanismus gegen diese Schädlinge, obwohl sie unterschiedliche evolutionäre Wege eingeschlagen haben.

Die Fähigkeit der Bäume, sich an neue Herausforderungen wie den Befall durch Borkenkäfer anzupassen, hängt stark von den Veränderungen ab, die im Laufe der Evolution im Stoffwechsel der Pflanzen stattgefunden haben. Diese evolutive Vorgeschichte bestimmt, welche neuen Eigenschaften entstehen können und wie gut sich die Pflanzen anpassen können. Die Forschungsteams um Dr. Andrew O’Donnell, Dr. Axel Schmidt und Prof. Dr. Jonathan Gershenzon planen, die Evolution der Diterpenstoffe und deren Synthasen weiter zu erforschen, um zu verstehen, wie diese Entwicklung die Fähigkeit der Bäume beeinflusst hat, sich gegen Borkenkäfer und die mit ihnen assoziierten Pilze zu verteidigen.

Die Ergebnisse dieser Studien könnten nicht nur das Verständnis der pflanzlichen Abwehrmechanismen vertiefen, sondern auch wertvolle Impulse für einen nachhaltigeren Pflanzenschutz liefern. Indem die Wissenschaftler die Kombination unterschiedlicher Abwehrstoffe untersuchen, könnte es ihnen gelingen, Strategien zu entwickeln, die die Widerstandsfähigkeit von Nadelbäumen gegen Schädlinge und Krankheiten erhöhen.