
In einem neuen Forschungsprojekt, das an der Carl von Ossietzky-Universität Oldenburg in Kooperation mit der Universität Greifswald durchgeführt wurde, wurde untersucht, wie die Farbe des Lichtes die Nahrungsbeziehungen im Lebensraum von Seen beeinflusst. Diese Studie hebt die bedeutende Rolle des Phytoplanktons hervor, das als essenzielle Nahrungsbasis für viele aquatische Organismen gilt, darunter Wasserflöhe, Ruderfußkrebse und verschiedene Fischarten. Phytoplankton ist nicht nur für die Nahrungskette entscheidend, sondern spielt auch eine wesentliche Rolle im globalen Klima, da es große Mengen Kohlendioxid (CO2) aufnimmt und Sauerstoff produziert. Die Energie für diese Prozesse bezieht das Phytoplankton aus dem Sonnenlicht, das in unterschiedlichen Farben ins Wasser eindringt – von Violett über Blau bis Rot.
Die Forscher haben nun herausgefunden, dass nicht nur die Intensität des Lichts, sondern auch dessen Farbe einen signifikanten Einfluss auf das Phytoplankton und die damit verbundenen Nahrungsbeziehungen hat. Diese Erkenntnisse stammen aus einer Studie, die im Oktober 2025 im „Journal of Ecology“ veröffentlicht wurde. Sebastian Neun, ein Forscher am Institut für Chemie und Biologie des Meeres (ICBM) in Oldenburg, betont, dass die bisherigen Untersuchungen sich hauptsächlich auf die Lichtmenge konzentriert haben. Die neue Studie zeigt jedoch, dass die Lichtfarbe einen direkten Einfluss auf das Wachstum von Mikroalgen und die darauffolgenden Nahrungsbeziehungen im Ökosystem hat.
Das Nahrungsnetz in einem See ist äußerst empfindlich und kann durch verschiedene Umweltfaktoren, einschließlich Lichtverhältnisse, stark beeinflusst werden. Dr. Maren Striebel, eine weitere Studienautorin, erläutert, dass die Zahl der Mikroalgen in vielen Gewässern ansteigt und diese dadurch vermehrt grün erscheinen. Zukünftige Veränderungen der Lichtverhältnisse unter Wasser, die durch Umweltfaktoren wie Nährstoffeinträge aus der Landwirtschaft und Abwässer begünstigt werden, könnten das empfindliche Gleichgewicht im Nahrungsnetz zwischen Mikroalgen und höheren Organismen weiter stören.
Für ihre Studie führten die Wissenschaftler ein Experiment im Badesee Schortens in der Nähe von Wilhelmshaven durch. Sie verwendeten Flaschen, die mit verschiedenen Lichtfilterfolien (rot, blau und grün) umhüllt waren, und befüllten diese mit Phytoplankton aus dem See. Diese Flaschen wurden in unterschiedlichen Tiefen des Wassers platziert, um zu beobachten, wie sich die Mikroalgen unter verschiedenen Licht- und Nährstoffbedingungen entwickelten. Während eines Zeitraums von zwei Wochen wurden die Veränderungen im Phytoplanktonwachstum dokumentiert und im Labor analysiert.
Die Ergebnisse zeigen, dass die Lichtfarbe eine entscheidende Rolle für das Wachstum der Mikroalgen spielt. Insbesondere in Umgebungen mit geringer Lichtintensität wurde deutlich, dass unterschiedliche Lichtfarben verschiedene Reaktionen des Phytoplanktons hervorriefen. Die Zusammensetzung und der Nährstoffgehalt des Phytoplanktons veränderten sich, was wiederum Auswirkungen auf die Wasserflöhe hatte, die sich von diesen Algen ernähren. Dies deutet darauf hin, dass die Lichtfarbe nicht nur das Wachstum der Mikroalgen beeinflusst, sondern auch die gesamte Nahrungsstruktur im Ökosystem See.
Das Forschungsteam plant, die Rolle der Lichtfarbe im Phytoplankton in einem dreijährigen Projekt weiter zu untersuchen. Der Badesee Schortens wird auch weiterhin als Experimentierfeld dienen. Aktuell werden verschiedene isolierte Phytoplanktonarten im Labor untersucht, um zu ermitteln, wie sie auf unterschiedliche Lichtverhältnisse reagieren. Diese Forschung könnte wichtige Hinweise darauf geben, wie sich zukünftige Veränderungen in den Lichtverhältnissen auf aquatische Ökosysteme auswirken und welche Anpassungen nötig sind, um das empfindliche Gleichgewicht in diesen Lebensräumen zu erhalten.
Insgesamt verdeutlicht diese Studie, wie komplex die Zusammenhänge zwischen Licht, Phytoplankton und dem gesamten Nahrungsnetz in Gewässern sind. Es wird zunehmend klar, dass die Lichtfarbe einen weitreichenden Einfluss auf die biologischen Prozesse in Seen hat, der in zukünftigen ökologischen Studien stärker berücksichtigt werden sollte.