Ein internationales Forscherteam hat drei neuartige Baumkrötenarten in Tansania identifiziert, die mit einer außergewöhnlichen Fortpflanzungsstrategie aufwarten: Sie bringen voll entwickelte Jungkröten zur Welt. Diese Entdeckung unterstreicht die Bedeutung von naturhistorischen Sammlungen, wie der des Berliner Naturkundemuseums, und deren Rolle in der Forschung zur Erhaltung der Artenvielfalt. Die Ergebnisse wurden kürzlich in der Fachzeitschrift „Vertebrate Zoology“ veröffentlicht.
Traditionell wird in vielen Lehrbüchern der Fortpflanzungszyklus von Fröschen als ein einheitliches Schema dargestellt: Die Eier schlüpfen zu Kaulquappen, die sich dann zu Jungfröschen entwickeln, bevor sie als erwachsene Tiere das Licht der Welt erblicken. Assoziierter Professor Mark D. Scherz, Herpetologe am Natural History Museum of Denmark und Mitautor der Studie, betont jedoch, dass diese Sichtweise viel zu eng ist. „Es gibt eine beeindruckende Diversität in der Fortpflanzungsbiologie der Amphibien“, erklärt er. Die Entdeckung einer lebendgebärenden Kröte geht auf das Jahr 1905 zurück, als der deutsche Wissenschaftler Gustav Tornier eine solche Art in Tansania entdeckte. Diese Typusexemplare werden im Berliner Naturkundemuseum aufbewahrt und bieten wertvolle Einsichten für die moderne Forschung.
Dr. Alice Petzold, Gastwissenschaftlerin im Herpetology Lab des Museums, hebt hervor, dass einige dieser historischen Exemplare über 120 Jahre alt sind. Ihre Analysen haben es ermöglicht, die ursprünglichen Populationen dieser alten Exemplare zu identifizieren, was die Grundlage für zukünftige Forschungen an diesen Krötenarten stärkt. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts war die von Tornier entdeckte Kröte die einzige bekannte Frösche, die lebendgebärend war. Mittlerweile haben Wissenschaftler herausgefunden, dass auch andere Baumkrötenarten, wie die Nimba-Kröte, eine ähnliche Fortpflanzungsweise aufweisen. Weltweit ist diese Form der Fortpflanzung bei Fröschen und Kröten äußerst selten und kommt nur bei weniger als einem Prozent der Arten vor. Dr. H. Christoph Liedtke, ein Mitautor der Studie, hebt hervor, wie spannend diese neuen Arten aufgrund ihrer einzigartigen Fortpflanzungsstrategie sind.
Vor einigen Jahren entdeckte eine phylogenetische Analyse, dass Baumkröten eine bislang unbekannte Vielfalt aufweisen. Christian Thrane von der Universität Kopenhagen, Hauptautor der Studie, erklärt, dass die Untersuchung von Sammlungen in verschiedenen naturhistorischen Museen und die Analyse hunderter konservierter Exemplare zu einem umfassenderen Verständnis ihrer morphologischen Vielfalt führten. Diese Entdeckungen verdeutlichen nicht nur die Diversität lebendgebärender Kröten, sondern betonen auch die Dringlichkeit des Schutzes der ostafrikanischen Wälder, in denen diese Arten vorkommen.
Dr. Simon P. Loader, Hauptkurator für Wirbeltiere im Naturkundemuseum in London und Mitautor der Studie, warnt davor, dass der Verlust dieser Wälder auch den Verlust einer der einzigartigsten Fortpflanzungsformen im Tierreich zur Folge hätte. „Nur durch fortlaufende Forschung und Schutzmaßnahmen in diesen wenig erforschten Gebieten können wir das volle Spektrum ihrer biologischen Vielfalt bewahren und sicherstellen, dass sie für zukünftige Generationen erhalten bleibt“, sagt er.
Die neu entdeckten Krötenarten stammen aus den Eastern Arc Mountains in Tansania, einem Gebiet, das für seine hohe Biodiversität bekannt ist, aber auch stark bedroht wird. Dr. Michele Menegon von einer Naturschutzorganisation weist darauf hin, dass die Wälder, in denen diese Kröten leben, stark fragmentiert und gefährdet sind. John V. Lyakurwa von der Universität Daressalam, der ebenfalls an der Studie beteiligt ist, betont die Dringlichkeit des Schutzes dieser Lebensräume, da viele Baumkrötenarten bereits am Rande des Aussterbens stehen. Eine Art dieser Gattung, Nectophrynoides asperginis, gilt in freier Wildbahn als ausgestorben, während eine andere, Nectophrynoides poyntoni, seit ihrer Entdeckung im Jahr 2003 nicht mehr gesichtet wurde.
Insgesamt verdeutlichen diese Entdeckungen nicht nur die Faszination der Fortpflanzungsbiologie bei Amphibien, sondern auch die Notwendigkeit, die bedrohten Lebensräume dieser außergewöhnlichen Arten aktiv zu schützen.


















































