Wissenschaftler am Leibniz-Institut für Katalyse (LIKAT) haben zusammen mit mehreren Universitäten aus China einen innovativen und nachhaltigen Prozess entwickelt, um aus Lignin, einem pflanzlichen Abfallprodukt, wertvolle Amide zu gewinnen. Diese Amide sind essenzielle Bestandteile für die Herstellung von Arzneimitteln, Agrochemikalien und modernen Materialien. Der Fokus auf die Nutzung erneuerbarer Ressourcen sowie das Recycling von Abfallstoffen spielt eine zentrale Rolle in der Vision einer nachhaltigen und zirkulären Wirtschaft.
Lignin ist nach Zellulose das zweithäufigste Biopolymer und entsteht in großen Mengen bei der Produktion von Papier, Zellstoff und Bioethanol. Trotz seiner Verfügbarkeit wird Lignin bislang nur unzureichend genutzt. In einem gemeinsamen Projekt mit Wissenschaftlern der Zunyi Medical University, der Nanjing Forestry University, dem Guangzhou Institute of Energy Conversion und der VSB-Technical University of Ostrava zeigt das Team am LIKAT, wie dieser komplexe Pflanzenstoff effektiv in wertvolle chemische Produkte umgewandelt werden kann.
Dr. Zhuang Ma, einer der Hauptautoren der Studie, betont die Bedeutung der neuen Methode: „Anstatt Lignin zu verbrennen, können wir es in nützliche chemische Produkte umwandeln.“ Dies geschieht ohne den Einsatz giftiger Chemikalien und unter milden Reaktionsbedingungen, was den Prozess umweltfreundlicher macht. Prof. Xinmin Li, Mitbetreuer der Studie, hebt hervor, dass diese Herangehensweise zu einer nachhaltigen Nutzung von Rohstoffen beiträgt.
Das Herzstück dieser innovativen Technologie sind Einzelatomkatalysatoren, in denen Kobalt-Atome in einer stabilen Kohlenstoffmatrix verankert sind. Diese Katalysatoren zeigen eine hohe Aktivität und ermöglichen eine präzise und selektive Umwandlung des Lignins. Der gesamte Prozess erfolgt in zwei aufeinanderfolgenden Schritten innerhalb eines Reaktionsgefäßes. Zunächst wird Lignin mithilfe von Sauerstoff in Carbonsäuren zerlegt, die dann mit Ammoniak oder Aminen reagieren, um aromatische Amide zu bilden. Diese Produkte sind derzeit häufig noch aus fossilen Rohstoffen gewonnen und deren Herstellung ist aufwendig.
Das Forschungsteam hat sogar gezeigt, dass sie aus gewöhnlichen Kiefernholzspänen eine Vielzahl von aromatischen Amiden gewinnen können, und das mit einer Ausbeute, die nahezu die theoretischen Maximalwerte erreicht. Dies zeigt das Potenzial der Methode, die nicht nur auf Lignin, sondern auch auf anderen biogenen Materialien anwendbar ist. Zudem kann der Katalysator bis zu sechs Mal eingesetzt werden, ohne dabei an Aktivität zu verlieren. Dies unterstreicht die Effizienz und Nachhaltigkeit des entwickelten Verfahrens.
Prof. Jagadeesh Rajenahally, Leiter der Katalyse für nachhaltige Synthesen am LIKAT, sieht in dieser Forschung einen entscheidenden Schritt hin zu einer echten erneuerbaren Produktion wichtiger chemischer Bausteine. „Unsere Arbeit legt die Grundlage für eine nachhaltige Kreislaufchemie, die essenziell ist, um die Herausforderungen des Klimawandels und der Ressourcenknappheit zu bewältigen“, erklärt er.
Die Forschungsarbeit wurde im Fachmagazin „Nature Communications“ veröffentlicht und zeigt nicht nur die technische Machbarkeit der Umwandlung von Lignin in wertvolle Produkte, sondern auch das Potenzial, das in der Nutzung nachwachsender Rohstoffe steckt. Die Entwicklung solcher umweltfreundlicher Verfahren ist ein wichtiger Baustein in der Chemie, um den Übergang zu einer nachhaltigeren und ressourcenschonenden Industrie zu ermöglichen.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die neue Methode zur Umwandlung von Lignin in Amide nicht nur die Wertschöpfung aus Abfallstoffen erhöht, sondern auch einen bedeutenden Schritt in Richtung einer grüneren Chemie darstellt. Diese Forschung könnte maßgeblich dazu beitragen, die Abhängigkeit von fossilen Rohstoffen zu verringern und gleichzeitig einen Beitrag zur Erreichung von Nachhaltigkeitszielen zu leisten.
