Der Amazonas-Regenwald, der größte Regenwald der Welt, erstreckt sich über eine Fläche von 5,5 Millionen Quadratkilometern und ist nicht nur ein Hotspot der Artenvielfalt, sondern auch die Lebensgrundlage für viele indigene Gemeinschaften. Zudem spielt er eine entscheidende Rolle im globalen Klimageschehen, indem er etwa ein Zehntel des gesamten Kohlenstoffs in terrestrischen Ökosystemen speichert. Durch seine hohe Verdunstungsrate beeinflusst der Amazonas das Wettergeschehen, indem er Feuchtigkeit aus dem Ozean in die Landesmitte zieht, wo sie als Niederschlag wieder abregnet. Dieses komplexe System ist jedoch in großer Gefahr: Die fortschreitende Landnutzung und der Klimawandel bedrohen die Existenz des Regenwaldes, indem sie zu einer drastischen Verringerung der Waldfläche führen.
Eine aktuelle Studie der Ludwig-Maximilians-Universität München hat ergeben, dass bis zum Ende des 21. Jahrhunderts bis zu 38 Prozent der Waldfläche des Amazonas verloren gehen könnten, wenn die gegenwärtigen Trends anhalten. Die Forschungsergebnisse zeigen, dass 25 Prozent dieses Verlustes auf die Umwandlung von Waldflächen in landwirtschaftliche Nutzflächen zurückzuführen sind, während 13 Prozent auf die steigenden Temperaturen infolge des Klimawandels zurückzuführen sind. Diese alarmierenden Zahlen deuten darauf hin, dass der Amazonas-Regenwald an einem kritischen Wendepunkt steht, an dem das Ökosystem möglicherweise irreversibel geschädigt wird.
Die Landnutzungsänderungen, insbesondere die Ausdehnung von Ackerflächen und die Viehzucht, haben bereits in der Vergangenheit zu erheblichen Schäden im Amazonasgebiet geführt. Die Forscher, angeführt von der Geographin Selma Bultan, haben nun zum ersten Mal die Wechselwirkungen zwischen diesen Veränderungen und dem Klimawandel systematisch untersucht. Die Ergebnisse dieser Analyse wurden im renommierten Fachmagazin Proceedings of the National Academy of Sciences veröffentlicht. Die Studie analysierte den Rückgang der Waldfläche im Amazonas von 1950 bis 2014 und erstellte Prognosen für die Zukunft unter zwei verschiedenen Klimaszenarien.
Die Forschungsergebnisse zeigen, dass die Wahrscheinlichkeit eines abrupten Rückgangs der Waldfläche stark ansteigt, wenn die globale Erwärmung einen Wert von mehr als 2,3 °C erreicht. Angesichts der gegenwärtigen politischen Rahmenbedingungen und der bestehenden Klimaschutzmaßnahmen steuern wir jedoch auf eine Erwärmung von mindestens 2,5 °C zu. Dies ist besonders besorgniserregend, da frühere Studien einen Kipppunkt für den Amazonas bei einem Verlust von 20 bis 25 Prozent der Waldfläche identifiziert haben. Wenn dieser Punkt erreicht wird, könnte dies zu einem dramatischen Wandel des Ökosystems führen, bei dem sich dichte Wälder in savannenartige Landschaften verwandeln.
Im Kontext der aktuellen Klimapolitik ist es von entscheidender Bedeutung, dass Maßnahmen zum Schutz des Amazonas verstärkt werden. Die kürzlich auf der Klimakonferenz in Belém beschlossenen Initiativen zum Schutz der Regenwälder sind ein Schritt in die richtige Richtung, müssen jedoch durch weitere Anstrengungen ergänzt werden. Der Wert des Amazonaswalds ist so hoch, dass es unverantwortlich wäre, seine Existenz aufs Spiel zu setzen. Die Folgen eines unkontrollierten Rückgangs des Regenwaldes wären nicht nur für die lokale Biodiversität katastrophal, sondern hätten auch weitreichende Auswirkungen auf das globale Klima.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Amazonas-Regenwald vor einer doppelten Bedrohung steht: durch die fortschreitende Umwandlung von Waldflächen in landwirtschaftliche Nutzflächen und durch die Auswirkungen des Klimawandels. Die Ergebnisse dieser Studie verdeutlichen die Dringlichkeit, den Schutz und die nachhaltige Bewirtschaftung dieser wertvollen Ressource zu priorisieren, um nicht nur die Biodiversität zu bewahren, sondern auch die klimatischen Bedingungen für zukünftige Generationen zu sichern. Es liegt in unserer Verantwortung, die richtigen Schritte zu unternehmen, um den Amazonas und seine einzigartigen Ökosysteme zu erhalten.
