Der
Nobelpreisträger Max Planck war einer der Pioniere der Quantenphysik
und deshalb nicht verdächtig einem esoterischen Weltbild anzuhängen.
Er vermutete hinter der Kraft, welche die Atomteilchen in Schwingung
bringt und die Materie zusammenhält »einen bewussten, intelligenten
Geist«. Diesen hielt er für den »Urgrund aller Materie«. Das
waren seine Worte auf einem Vortrag, den er 1944 in Florenz hielt. Er
sagte außerdem noch, dass es »keine Materie an sich gibt«.
Das materialistische Weltbild des 19.
Jahrhunderts, dessen Nachbeben wir bis heute spüren, sah Materie als
etwas an, das aus ewigen, unteilbaren und unvergänglichen Atomen
aufgebaut ist. Über das, was es mit der angeblichen Unteilbarkeit
von Atomen auf sich hat, weiß die Allgemeinheit zumindest seit
Hiroshima Bescheid. Was die Allgemeinheit weniger weiß ist, dass die
Atomspaltung nicht nur mit Zerstörung gleichzusetzen ist, sondern
einhergeht mit Erkenntnissen, denen wir beispielsweise die Segnungen
der modernen Elektronik und Computertechnik verdanken. Wie von
Zauberhand erscheinen an der Supermarktkasse nach dem Scannen der
Ware Preise auf dem Kassendisplay. Welchen Vorstellungen von der
Materie verdanken wir diese Errungenschaften unserer Wissenschaft,
die einen mittelalterlichen Magier zum größten Zauberer seiner Zeit
gemacht hätten, wenn er sie nur hätte vorführen können?
Für die heutige Physik gehört alles
zur Materie, was aus Elektronen und Quarks, und zwar aus Up-Quarks
und Down-Quarks aufgebaut ist. Die Protonen und Neutronen eines
Atomkerns bestehen aus solchen Quarks.
Das muss man erst einmal verinnerlichen:
Materie ist alles, was aus nur drei elementaren Bestandteilen
besteht! Egal ob Gold, Blei, Wasserstoff oder Kohlenstoff. Egal ob
ein Holzstuhl oder ein Hamburger. Alles besteht nur aus drei
sogenannten Elementarteilchen: den Elektronen und zwei Sorten Quarks.
Elektronen kann man leicht erzeugen und
beobachten. Die alten Röhrenfernseher liefern ein Zeugnis davon. Bei
den Quarks ist das anders. Noch nie hat jemand Quarks beobachten,
geschweige denn vorführen können. Und dennoch sollen die Protonen
und Neutronen im Kern des Atoms aus diesen Quarks bestehen. Die
Physiker schließen auf die Existenz von Quarks aufgrund von
Beobachtungen, die sie machen, wenn sie in den Teilchenbeschleunigern
wie CERN Protonen des Atomkerns mit anderen Teilchen und hoher
Geschwindigkeit zusammenstoßen lassen. Das ist so, als würde man
davon ausgehen, dass ein Fliegengewichtsboxer, der ein Schwergewicht
K. O. schlägt, ein Hufeisen in seinem Boxhandschuh versteckt
habe. Bevor man nicht in den Boxhandschuh reinschauen kann, weiß man
es aber nicht.
Noch seltsamer mutet einem die
Vorstellung von Materie an, wenn man weiß, dass Atome fast
ausschließlich aus leerem Raum bestehen. Der Atomkern, in dem man
die Protonen mit den Quarks finden kann, macht höchstens den
zehntausendsten Teil des Atomdurchmessers aus. Der Raum um den Kern
herum ist der Bereich, für den es eine größere Wahrscheinlichkeit
gibt, dass man dort ein Elektron findet. Aber das gilt nicht als
sicher. Die Regeln der Quantenphysik besagen, dass man das Elektron
eines bestimmten Atoms genauso gut auch in New York oder sonst wo im
Weltall finden kann, wenn auch mit extrem geringer
Wahrscheinlichkeit. Aber unmöglich ist es nicht.
Völlig unerklärlich ist, dass Atome,
Elektronen oder Protonen bei bestimmten Untersuchungen überhaupt
nichts Materielles mehr an sich haben. Sie scheinen Welleneigenschaft
zu besitzen und auf dem Beobachtungsschirm tauchen Interferenzmuster
auf.
So verflüchtigt sich auf einmal das noch verbliebene Materielle an
der Materie. Wenn es »keine Materie an sich gibt«, wie Planck
sagte, was ist es dann, was die Materie ausmacht? Ist es eine Art
Geist?
Eine Form von Geist, der in der Materie
steckt, ist Information. Das kann man sich klar machen, wenn man ein
Beispiel betrachtet, das drei Bausteine zum Gegenstand hat und damit
dem Aufbau der Atome aus drei Elementarteilchen entspricht.
Beispielsweise kann man sich zwei Kinder, einen Jungen und ein
Mädchen vorstellen. Sie besitzen einen Eimer voll mit
Lego-Bausteinen. Es sind drei Sorten Steine, nämlich solche mit
zwei, vier und acht Noppen. Aus diesen Steinen baut das Mädchen ein
kleines Puppenhaus mit zwei Zimmern, Möbeln, Ofen usw. Der Junge
baut dagegen eine große Burg mit mächtigen Mauern, Zinnen,
Toröffnung und Graben.
Die Frage ist nun, worin sich Puppenhaus
und Burg unterscheiden? Beide Bauwerke sind aus den gleichen Steinen
hergestellt. Die einzige Unterscheidung zwischen Puppenhaus und Burg
ist die Zahl und Anordnung der Steine. Das Gleiche gilt für unsere
Welt, in der die unterschiedlichen Elemente Gold, Blei, Wasserstoff
oder Kohlenstoff usw. sich nur in der Zahl und Anordnung der
Elementarteilchen unterscheiden. Da alle Materie aus den Elementen
aufgebaut ist, unterscheidet sich alles, was materiell existiert nur
durch die Zahl und Anordnung der Elementarteilchen.
Die Anordnung ist nichts anderes als
Information. Die Formen, anhand denen man erkennt, ob es sich um ein
Puppenhaus oder eine Burg handelt, sind Informationen und auch die
unterschiedlichen Formen und Muster der materiellen Welt sind alles
Informationen. Aber Information ist sicher nicht der Geist, den
Planck meinte. Denn Information ist nichts Lebendiges. Information
ist passiv. Planck sprach dagegen von einem bewussten, intelligenten
Geist und ein bewusster Geist ist etwas Lebendiges.
Einen Hinweis auf diesen bewussten Geist
finden wir in der Interpretation der physikalischen Experimente mit
Quanten. Zu einem der wichtigsten Experimente der Quantenphysik
gehört jenes, bei dem man Lichtteilchen oder Elektronen auf eine
Wand schickt, in der sich ein kleiner Doppelspalt befindet. Dahinter
fängt man auf einem Beobachtungsschirm auf, was durch die Spalte
hindurchkommt. Auf diese Weise beobachtet man das Verhalten der
Quantenobjekte und kann es interpretieren.
Um Bewusstsein bei Quanten feststellen
zu können, muss man wissen, anhand welcher Kriterien man Bewusstsein
überhaupt feststellen kann. Bewusstsein ist kein
Untersuchungsgegenstand der Quantenphysik. Deshalb findet man in
dieser Disziplin keine geeigneten Kriterien zur Erkennung von
Bewusstsein. Hier kann die Psychologie aushelfen. Die Psychologie hat
mit Hilfe geeigneter Kriterien schon bei zahlreichen Tierarten
Bewusstsein nachgewiesen. Das Hauptkriterium zur Erkennung einer
primären Form von Bewusstsein, das allerdings noch nicht das höhere
Ich-Bewusstsein einschließt, ist erstens die Fähigkeit, sich auf
unerwartete Veränderungen der Wirklichkeit einzustellen und zweitens
ein nicht sicher vorhersehbares, eigengesteuertes Verhalten.
Das ist aber genau das, was man an dem
Verhalten von Lichtteilchen oder anderen Quanten feststellen kann,
die offensichtlich selbst entscheiden, welchen Weg sie an einem
Strahlenteiler durchlaufen oder welche Polarisierung sie bei einer
Polarisationsmessung annehmen. Es gibt keine Formeln oder
physikalischen Gesetze, anhand derer man dieses Verhalten
vorausberechnen könnte. Man hat nur die Möglichkeit das Verhalten
mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit vorauszusagen. Sicherheit gibt
es aber nicht. Und das entspricht beim Kriterium für primäres
Bewusstsein, dem nicht sicher vorhersehbaren, eigengesteuerten
Verhalten.
Immer wenn Lichtteilchen sich
unbeobachtet glauben, bilden sie ein Wellenmuster auf dem
Beobachtungsschirm beim Doppelspaltexperiment (siehe Seite ff.). Sie
sind allerdings sehr eigenwillig: Wenn man nämlich einzelnen Quanten
nachspürt, um mehr zu erfahren, verschwindet das Wellenmuster und es
bleiben nur noch zwei Streifen übrig. Das Gleiche gilt, wenn man
abwechselnd einen der Spalte schließt, um mit Sicherheit sagen zu
können, durch welchen Spalt ein bestimmtes Lichtteilchen gegangen
ist. Die Quanten stellen sich auf alle Veränderungen der
Wirklichkeit sofort ein. Ein Psychologe würde aus dem eigenwilligen
Verhalten schließen, dass Quanten primäres Bewusstsein zeigen.
Planck kannte natürlich die
grundlegenden Experimente der Quantenphysik einschließlich des
Doppelspaltexperiments. So ließ ihn möglicherweise das darin
offengelegte Verhalten der Materie zu dem Schluss kommen, dass ein
bewusster, intelligenter Geist der »Urgrund aller Materie« ist.
Quelle: Kapitel 8.4 aus dem Buch siehe unten.